Dienstag, 12. Oktober 2010

Das Massaker von Treuenbrietzen

Am 23. April 1945 erschoss die Rote Armee etwa 1000 Zivilisten in der brandenburgischen Kleinstadt Treuenbrietzen. Die DDR verordnete Schweigen. Günter Eiserbeck hat noch jedes Detail der Szene in Erinnerung: Sein Großvater wird von einem Uniformierten gefragt: »Du Deutscher?« Als der alte Mann bejaht, wird er weggerissen, auf die Knie gezwungen, der Uniformierte drückt ihm den Lauf einer Pistole in den Nacken und erschießt ihn. Geschehen ist das am 23. April 1945 am Ortsausgang der brandenburgischen Kleinstadt Treuenbrietzen. Eiserbeck war damals sieben Jahre alt. Er weiß noch, dass er den leblosen Großvater dort liegen sah, das Gesicht auf dem nassen Waldboden, und dass er jämmerlich geweint und nichts begriffen hatte. Ingeborg Grabow, die damals 21 Jahre alt war: »Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie sie Männer aus der Stadt in den Wald führten«, sagt die zierliche Dame, eine ehemalige Deutschlehrerin. Heute ist sie 85 Jahre alt. Damals im Wald seien die Männer regelrecht hingerichtet worden. In der Kleinstadt wurde jahrzehntelang über dieses Massaker geschwiegen.
Dieses Massaker der Roten Armee bleibt ungesühnt. »Wegen eines Verfahrenshindernisses« habe die Staatsanwaltschaft Potsdam das Verfahren wegen Mordes eingestellt, teilte Oberstaatsanwalt Helmut Lange mit. Bei dem »Hindernis« handele es sich nach einer Stellungnahme des Bundesjustizministeriums um den Artikel III des Kontrollratsgesetzes Nr. 4 vom 20. Oktober 1945. Er schloss die Zuständigkeit deutscher Gerichte für strafbare Handlungen von Militärpersonen der Alliierten Streitkräfte oder Alliierte Staatsangehörige aus. »Nach diesem Gesetz können wir nicht weiter ermitteln«, sagte der Oberstaatsanwalt. Deutschland unterliegt also immer noch dem Alliierten Besatzungsrecht.

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